Gericht erklärt Lufthansa-Staatshilfen für nichtig, doch das bleibt ohne Folgen
Ein Flugzeug der Lufthansa.
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Frankfurt am Main. Das Europäische Gericht hat in erster Instanz die Genehmigung zur Lufthansa-Rettung während der Pandemie für nichtig erklärt. Das kommt zwar einer Ohrfeige für die EU-Kommission gleich. Für Deutschlands größte Airline wird dies aber keine Konsequenzen haben.
Geklagt hatten die LH-Rivalen Ryanair und der Ferienflieger Condor. Die Richter am Gericht der EU gaben ihnen bei wichtigen Teilen ihrer Vorwürfe recht. So bescheinigen sie, dass der Kommission „mehrere Fehler“ unterlaufen seien.
Lufthansa hat alles zurückgezahlt – inklusive Zinsen
Rückblende: Beim ersten großen Covid-Lockdown im Frühjahr 2020 kam der Luftverkehr für Wochen zum Erliegen, was die Existenz der Lufthansa und aller anderen Airlines infrage stellte. Staatliche Hilfen wurden allenthalben organisiert. Die Bundesregierung gewährte der Lufthansa eine Unterstützung mit einem Volumen von insgesamt 9 Milliarden Euro. Vor dem Europäischen Gericht ging es um einen Teil dieser Hilfen, die 6 Milliarden Euro schwer waren: Einerseits kaufte der Staat frische LH-Aktien für 300 Millionen, womit der Bund einen Anteil von 20 Prozent erwarb. Dazu kamen sogenannte stille Einlagen in Höhe von 5,7 Milliarden Euro.
Die EU-Kommission winkte seinerzeit dieses Hilfspaket durch. Doch die Luxemburger Richter konstatieren nun: Dabei sei fälschlicherweise angenommen worden, dass die Lufthansa nicht in der Lage war, die 6 Milliarden Euro an den Finanzmärkten aufzutreiben. Zweitens sei versäumt worden, einen Anreiz zu schaffen, damit die Lufthansa die Kapitalbeteiligung dem deutschen Staat so schnell wie möglich wieder abkauft. Zudem sei die Marktmacht der LH falsch eingeschätzt worden, und wirksamer Wettbewerb damit unterbunden worden.
Die Reaktion: „Die Deutsche Lufthansa wird das Urteil analysieren und dann über das weitere Vorgehen entscheiden“, sagte eine Sprecherin der Airline dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die von der EU-Kommission genehmigten Stabilisierungsmaßnahmen sowie rund 92 Millionen Euro Zinsen seien bereits vollständig zurückgezahlt. Bei den stillen Einlagen sei das im Herbst 2021 geschehen. Zudem habe der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds im vergangenen Jahr seine erworbenen Aktien veräußert. „Die Stabilisierung war damit bereits vor dem heutigen Urteil des Gerichts vollständig beendet“, so die Sprecherin.
Lufthansa erzielt 2022 wieder Milliardengewinn
Die Lufthansa machte 2022 einen Gewinn von 1,5 Milliarden Euro. Konzernchef Carsten Spohr spricht von einem „erfolgreichen Turnaround“.
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Staatliche Subventionen von 40 Milliarden Euro
Ryanair begrüßte den Richterspruch in Sachen Lufthansa – gleichzeitig wurde ähnlich über staatliche Hilfen für die skandinavische Airline SAS entschieden. Ein Sprecher betonte, es habe diskriminierende staatliche Subventionen in Höhe von mehr als 40 Milliarden Euro an EU-Fluggesellschaften gegeben. „Wenn EU-Gerichte diese Beihilfen nicht im Einklang mit dem heutigen Urteil stoppen, werden sie den Markt noch jahrzehntelang verzerren.“ Ungerechtfertigte Subventionen förderten die Ineffizienz und schadeten den Verbrauchern.
Für die Lufthansa wird das Urteil mit großer Wahrscheinlichkeit aber keine spürbaren Konsequenzen haben. Vor allem weil die staatlichen Hilfen inzwischen zurückgezahlt wurden. Die Unterstützung der Airline kann quasi im Nachhinein nicht zurückgenommen werden, zumal sich die Richter nicht gegen die Airline, sondern gegen die EU-Kommission wenden. In ähnlichen Fällen hat die Kommission ihre Begründungen für Genehmigungen überarbeitet und gewissermaßen passend gemacht. Dabei ging es unter anderem auch um staatliche Hilfszahlungen für Condor.
Gegen das Urteil kann vor dem höchsten europäischen Gericht, dem Europäischen Gerichtshof, vorgegangen werden.