Lauterbach verteidigt seine Pläne

Pflegereform der Ampelkoalition: Was sich für Sie ändert

Ein Beruf, der Wertschätzung verdient: Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Flur. Krankenhaus

Die Pflegereform wurde am Freitag im Bundestag beschlossen.

Berlin. In der Gesundheits- und Pflegebranche kommt es eher selten vor, dass sich praktisch alle Akteure einig sind. Bei der Pflegereform, die die Ampelkoalition mit ihrer Mehrheit am Freitag im Bundestag beschlossen hat, ist das jedoch der Fall: Zu wenig, zu spät, zu knapp kalkuliert – das kritisieren nicht nur Sozialverbände, sondern auch die Betreiber von Pflegeeinrichtungen oder die Kassen. Letztere warnen sogar, es sei nicht einmal sichergestellt, dass die Finanzlage der Pflegeversicherung bis zum Ende dieser Wahlperiode – also bis Herbst 2025 – gesichert sei. Was Sie über die Details der Reform wissen müssen:

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Das ändert sich beim Beitragssatz

Zur Deckung des bestehenden Milliarden­defizits und zur Finanzierung einiger Leistungs­verbesserungen soll der Beitragssatz zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte steigen. Gleichzeitig wird der Zuschlag für Kinderlose von 0,35 auf 0,6 Prozentpunkte erhöht. Das ergibt Mehreinnahmen von rund 6 Milliarden Euro.

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Darüber hinaus wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt und der Beitragssatz nach der Kinderzahl gestaffelt. Künftig gilt ein Abschlag von jeweils 0,25 Prozentpunkten für das zweite bis fünfte Kind. Deshalb ergibt sich eine neue, komplizierte Beitragsmatrix.

Während Kinderlose derzeit 3,4 Prozent (Arbeitnehmeranteil 1,875 Prozent) und Eltern unabhängig von der Kinderzahl 3,05 Prozent (Arbeitnehmeranteil 1,525 Prozent) des Bruttolohnes zahlen, gilt ab 1. Juli:

  • kein Kind: 4 Prozent (Arbeitnehmer: 2,3 Prozent, Arbeitgeber stets 1,7 Prozent)
  • ein Kind: 3,4 Prozent (Arbeitnehmer: 1,7 Prozent)
  • zwei Kinder: 3,15 Prozent (Arbeitnehmer: 1,45 Prozent)
  • drei Kinder: 2,9 Prozent (Arbeitnehmer: 1,2 Prozent)
  • vier Kinder: 2,65 Prozent (Arbeitnehmer: 0,95 Prozent)
  • fünf und mehr Kinder: 2,4 Prozent (Arbeitnehmer 0,7 Prozent)

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Die Abschläge bei mehr als einem Kind gelten allerdings nur für den Nachwuchs, der unter 25 Jahre alt ist. Irgendwann fallen also alle Eltern auf den Beitragssatz von 3,4 Prozent zurück, der dann lebenslang gilt.

Die Anhebung des Beitrags auf 4 Prozent bei Kinderlosen bedeutet bei einem Monats­­einkommen von brutto 3500 Euro eine Mehrbelastung eines Arbeitnehmers von 15 Euro im Monat. Bei zwei Kindern ergibt sich gegenüber heute eine Entlastung von 2,60 Euro im Monat.

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Kinder müssen „nachgewiesen“ werden

Nachweis: Den Sozialversicherungen ist nicht bekannt, wie viele Kinder jemand hat. Deshalb soll bis Frühjahr 2025 eine digitale Datenbank aufgebaut werden. Für die Übergangsphase sollen die Pflegekassen Nachweise von den Versicherten anfordern.

Welche Dokumente in welcher Form vorgelegt werden müssen, ist noch offen. Der Beitragsabschlag wird auf jeden Fall rückwirkend zum 1. Juli verzinst erstattet.

„Entwertung“ der Leistungen aus der Pflegeversicherung

Das Pflegegeld für pflegende Angehörige und das Budget für die Inanspruchnahme von ambulanten Pflegediensten („Pflege­sachleistung“) steigen zum 1. Januar 2024 um jeweils fünf Prozent. Es gelten dann:

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  • Pflegegrad 2: Pflegegeld 332 Euro; Sachleistung: 761 Euro
  • Pflegegrad 3: Pflegegeld 573 Euro; Sachleistung: 1432 Euro
  • Pflegegrad 4: Pflegegeld 765 Euro; Sachleistung 1778 Euro
  • Pflegegrad 5: Pflegegeld 947 Euro; Sachleistung: 2200 Euro

Zum 1. Januar 2025 steigen alle ambulanten und stationären Pflegesätze um 4,5 Prozent. Alle Erhöhungen liegen deutlich unter der Preissteigerungsrate – es kommt also zu einer „Entwertung“ der Leistungen aus der Pflegeversicherung. Zum 1. Januar 2028 ist eine weitere Anhebung geplant, allerdings nur in Höhe der Kerninflationsrate. Sie enthält keine Energie- und Lebensmittelpreise, sodass die Erhöhung wahrscheinlich auch dann zu gering sein wird.

Es gibt doch ein „Entlastungsbudget“

Die zunächst gestrichene Zusammenlegung der Leistungen für die Kurzzeit- und die Verhinderungs­pflege zu einem flexibel nutzbaren „Entlastungsbudget“ kommt doch – allerdings erst zum 1. Juli 2025. Das gemeinsame Budget hat dann – nach der Dynamisierung – eine Höhe von 3539 Euro. Nur für Eltern von pflegebedürftigen Kindern mit Pflegegrad 4 oder 5 steht das Entlastungsbudget schon ab 1. Januar 2024 in Höhe von zunächst 3386 Euro zur Verfügung.

Was sich beim Eigenanteil für ein Pflegeheim ändert

Zur Senkung ihres Eigenanteils bei den Pflegekosten bekommen Heimbewohner seit 2022 einen Zuschuss von der Pflegeversicherung. Er wird zum 1. Januar 2024 leicht erhöht: Bis zu zwölf Monate Aufenthalts­dauer gelten 15 statt 5 Prozent des Eigenanteils, bei 13 bis 24 Monaten 30 statt 25 Prozent, bei 25 bis 36 Monaten 50 statt 45 Prozent und bei mehr als 36 Monaten 75 statt 70 Prozent.

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Beispiel: Im Bundeschnitt beträgt der Eigenanteil im Pflegeheim (nach Abzug der Leistungen aus der Pflege­versicherung) derzeit 2468 Euro. Dabei entfallen 1139 Euro auf die reine Pflege, der Rest auf Unterkunft, Verpflegung und Investitions­kosten. Die genannten Zuschläge gelten nur für die Pflegekosten. Bei einer Verweil­dauer zwischen 25 und 36 Monaten würde der Zuschuss bezogen auf 1139 Euro also 569,50 Euro betragen, wodurch der gesamte Eigenanteil auf 1898,50 Euro sinkt.

Pflegeunterstützungsgeld

Wenn ein Angehöriger plötzlich pflegebedürftig wird, gibt es derzeit für maximal zehn Tage einen Lohnersatz in Höhe von 90 Prozent des Nettolohnes. Künftig gelten die zehn Tage nicht mehr pro Kalenderjahr, sondern je pflegebedürftiger Person.

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