Die Streamingtipps für den Juni: Fukushima wird zur Serie
Das Unfassliche ist passiert: Eine gigantische Flutwelle hat vier Reaktorblöcke des Kernkraftwerks von Fukushima beschädigt. Szene aus der Netflix-Serie „The Days“.
© Quelle: Netflix
Liebe Leserinnen und Leser,
die Welt trauert um Tina Turner. Millionen Babyboomer und Angehörige der Generation X begeisterte die Sängerin aus dem amerikanischen Süden über Jahrzehnte in den Großhallen und Stadien der Republik. Noch 2009 ließ Tina Turner im Alter von 69 Jahren ihre Stiletto Heels in die Bühnenbretter der Welt fahren. Tina forever – und jetzt eben nicht mehr. Wer noch einen Abend mit ihr verbringen will, der sollte es mit der Doku „Tina“ (2022) bei Wow versuchen. Viele Zeitzeugen kommen zu Wort, und wenn man ihre Geschichte von Missbrauch durch ihren Ex-Ehemann Ike und von ihrer Selbstbefreiung hört, ist man sich sicher: Eine Biopic-Serie zu diesem bewegenden Künstlerleben wird nicht lange auf sich warten lassen.
Den Film dazu gibt‘s längst: „Tina – What‘s Love Got to Do with It“ (1993) mit Angela Bassett in der Titelrolle ist bei Disney+ im Abo enthalten und kann gegen Gebühr auch bei Apple TV, Youtube und Google Play gesichtet werden. Wer Tina Turner als Aunty Entity im Endzeitklassiker „Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel“ (1985) sehen will, muss sowohl bei Amazon Prime Video als auch bei Apple, Google und Youtube in die Tasche greifen. Für die Rockoper „Tommy“ (1975) mit Turner als Acid Queen und diverse Konzertauftritte muss man auf DVD und Bluray zurückgreifen.
Ein anderer nicht singender und bislang weitgehend unbesungener Held steht im Juni im Mittelpunkt der Netflix-Serie „The Days“. Der Kraftwerksmanager Masao Yoshida bewahrte Ruhe und traf notwendige Entscheidungen, als im März 2011 ein Tsunami zur Reaktorkatastrophe von Fukushima führte. Zeit für eine Würdigung – und vielleicht ist die Serie ja ähnlich bewegend und mitreißend wie vor vier Jahren HBOs „Chernobyl“.
Frohes Streamen wünscht Ihnen auch im Juni Ihr Stream-Team Matthias Schwarzer, Imre Grimm, Lena Obschinsky und Matthias Halbig
Der Streamingcountdown für den Juni
Worauf wir uns freuen
8. „The Witcher“ – Henry Cavill führt noch ein letztes Mal das Schwert
Verschatten sich die Augen von Geralt von Riva (Henry Cavill), dann wird er zum "Witcher" und Vorsicht ist für all die geboten, die es auf Prinzessin Ciri abgesehen haben. Szene aus der dritten Staffel der Serie "The Witcher" nach den Erzählungen von Andrzej Sapkowski.
© Quelle: Netflix
Zu sehen bei: Netflix, fünf Episoden ab 29. Juni, drei Episoden ab 27. Juli
Genre: Fantasy
Länge: acht Episoden
Besetzung: Henry Cavill, Freya Allan, Anya Chalotra, Mahesh Jadu, Chris Fulton, Joey Batey, Mecia Simson, Safiyya Ingar
Das Stream-Team meint: Showrunnerin Lauren Schmidt Hissrich träumt von 20 „Witcher“-Staffeln, wir genießen erst mal die dritte und sehen dann weiter – zum letzten Mal spielt Henry Cavill den Hexer mit dem Schwert und beeindruckt uns mit einer Stimme wie tönendes Erz. Danach übernimmt Liam Hemsworth.
7. „Kohlrabenschwarz“ – Wo die Sagen zum Leben erwachen
Wenn etwas „märchenhaft“ ist, heißt das nicht zwangsläufig, dass es auch schön ist. Im Bayern der Serie „Kohlrabenschwarz“ (bei Paramount+) werden jedenfalls Volksmärchen und Sagen aufs Blutigste lebendig.
© Quelle: Paramount+
Zu sehen bei: Paramount+ ab 8. Juni
Genre: Horror
Länge: sechs Episoden
Besetzung: Michael Kessler, Bettina Lamprecht, Peter Ketnath, Jürgen Tonkel, Bettina Zimmermann
Das Stream-Team meint: Bieten ein Psychologe und ein Pfarrer einer jungen Frau an, sie nach Hause zu fahren. Sagt die: „Nein danke, ich bin mit dem Besen da!“ – Nein, sie ist keine Hexe, sondern Polizistin. Aber Hexen wären auch nicht die eigenwilligsten (und schlimmsten) Wesen in der Verfilmung der makabren Gruselhörspiele von Tommy Krappweis und Christian von Aster.
6. „Hijack“ - Wenn die Freiheit über den Wolken alles andere als grenzenlos ist
Meister der Verhandlungskunst – Sam Nelson (Idris Elba) muss sein Talent einsetzen, um Passagiere und Besatzung eines entführten Flugzeuges zu retten. Szene aus der Miniserie „Hijack“.
© Quelle: Courtesy of Apple
Zu sehen bei: Apple TV+ ab 28. Juni
Genre: Psychothriller
Länge: sieben Episoden
Besetzung: Idris Elba, Archie Panjabi, Christine Adams, Max Beesley, Eve Myles, Neil Maskell, Kate Phillips
Das Stream-Team meint: Seit Jack Bauer in „24″ die Welt rettete, gelten Echtzeitthriller über Terrorbekämpfung als besondere Schmankerl. Und – na ja – Idris Elba ist ja auch immer ein Argument. Außer, wenn er gerade den „Dunklen Turm“ von Stephen King sucht.
noch kein Trailer vorhanden
5. „Marie Antoinette“ oder die Eroberung von Versailles durch eine junge Österreicherin
Eine Wienerin in Paris: Maria Antonia von Österreich alias Marie Antoinette (Emilia Schüle) wird schon als Teenager die Frau des späteren letzten französischen Königs Louis XVI. (Louis Cunningham). Ihr alleiniger Job: den Erben gebären. Aber sie will mehr.
© Quelle: Disney+
Zu sehen bei: Disney+ ab 21. Juni
Genre: Historienserie
Länge: acht Episoden
Besetzung: Emilia Schüle, Louis Cunningham, Gaia Weiss, James Purefoy, Jack Archer, Oscar Lesage, Roxane Duran
Das Stream-Team meint: Royalen Rebellinnen, die sich gegen die Etikette bei Hof auflehnen, gehört unser Herz, seit Romy Schneider „Sissi“ war. Wenn sie den Ärmsten, die kein Geld für Brot haben, aber Kuchen empfehlen, relativiert sich das allerdings.
4. „Secret Invasion“ – Von einem, der auszog, die Menschheit zu retten
Schade, dass es in der Putin-Welt keine Helden wie aus dem Marvel-Bilderbuch gibt: Nick Fury (Samuel L. Jackson) zieht in der neuen Serie „Secret Invasion“ aus, die Erde vor außerirdischen Angreifern zu retten.
© Quelle: Des Willie
Zu sehen bei: Disney+ ab 21. Juni
Genre: Superheldenserie
Länge: sechs Episoden
Besetzung: Samuel L. Jackson, Emilia Clarke, Cobie Smulders, Kingsley Ben-Adir, Ben Mendelsohn, Olivia Colman, Martin Freeman
Das Stream-Team meint: Wer ist böse, wer ist gut? Im Marvel-Universum haben die Skrulls, gestaltwandlerische Aliens, das Äußere irdischer Superhelden angenommen – ein unschätzbarer evolutionärer Vorteil bei Invasionsvorhaben. Worauf wir uns besonders freuen: Emilia Clarke spielt mit – unsere verehrte Khaleesi aus „Game of Thrones“.
3. „Star Trek: Strange New Worlds“ - Und ewig fliegt die Enterprise
Neu an Bord der Enterprise: Pelia (Carol Kane) tritt als Chefingenieurin die Nachfolge des auf tragische Weise in der ersten Staffel von „Star Trek: Strange New Worlds“ verstorbenen Aenar-Andorianers Lieutenant Hemmer an. Manche hatten auf den guten alten Scotty gewettet.
© Quelle: Kharen Hill/Paramount+
Zu sehen bei: Paramount+ ab 15. Juni
Genre: Science-Fiction
Länge: zehn Episoden
Besetzung: Anson Mount, Ethan Peck, Christina Chong, Celia Rose Gooding, Jess Bush, Carol Kane, Rebecca Romijn
Das Stream-Team meint: Anson Mount ist als Christopher Pike ein cooler und verwegener Captain im Kommandosessel der Enterprise – und zieht diesbezüglich gleichauf mit seinem von William Shatner gespielten Nachfolger James Tiberius Kirk. Es ist überdies süß zu erleben, wie sich der Halbvulkanier Spock (Ethan Peck) nicht eingesteht, sich zur aparten Krankenstationschefin Christine Chapel (Jess Bush) hingezogen zu fühlen. Und – wow! – die alte Enterpreise ist in CGI-Zeiten ein atemraubender Weltraumschwan. Dieser Monat ist überhaupt einer der Fortsetzungen: Das „Sex And The City“-Spin-off „And Just Like That“ geht am 22. Juni bei Wow in die zweite Staffel, Chris Hemsworth ist ab 16. Juni bei Netflix zum zweiten Mal der Actionsöldner Tyler Rake und die enorm gänsehautevozierende Horrorserie „From“ dreht ab 24. Juni bei Paramount+ ebenfalls ihre zweite Runde.
2. „The Days“ - Die sieben Tage von Fukushima
Vier Reaktoren außer Kontrolle: Wird die Katastrophe von Fukushima ein weiteres Tschernobyl? Szene aus der japanischen Dramaserie „The Days“.
© Quelle: Netflix
Zu sehen bei: Netflix ab 1. Juni
Genre: Drama
Länge: acht Episoden
Besetzung: Koji Yakusho, Kaoru Kobayashi, Oji Suzuka, Yuriko Ishida, Fumiyo Kohinata, Yutaka Takenouchi Mitsuru Fukikoshi, Denden
Das Stream-Team meint: Auf HBOs supererfolgreiche Miniserie „Chernobyl“ folgt „The Days“ - das war eigentlich klar. Vor nunmehr 12 Jahren verursachte eine Flutwelle, die einem Seebeben folgte, an der Pazifikküste Japans das Atomdesaster von Fukushima - dessen Folgen in Deutschland zu einer Abkehr von der Atomenergie führten. 22.000 Menschen starben damals, 470.000 mussten evakuiert werden. Die Beschädigungen von vier Reaktoren durch die Wellen führte zu Kernschmelzen in drei Blöcken, große Mengen an Radioaktivität wurden freigesetzt. Craig Mazins „Chernobyl“ mit Stellan Starsgard und Jared Harris zog in den Bewertungen der führenden Filmdaten-Website imdb.de im Nu gleichauf mit „Game of Thrones“ und „Breaking Bad“. Und „The Days“? Wir sind gespannt.
1. „The Crowded Room“ - Was hat dieser nette junge Mann mit dem Verschwinden von Leuten zu tun?
Der Schatten einer Nacht liegt auf seinem Leben: Danny (Tom Holland) und seine Verbündete Ariana (Sasha Lane) in einer Szene der Psychothrillerserie „The Crowded Room“.
© Quelle: Apple TV+
Zu sehen bei: Apple TV+ ab 9. Juni
Genre: Thriller
Länge: zehn Episoden
Besetzung: Tom Holland, Amanda Seyfried, Emmy Rossum, Emma Laird, Sasha Lane, Henry Eikenberry, Jason Isaacs, Will Chase, Lior Raz, Christopher Abbott
Das Stream-Team meint: „Hattest du jemals Glück“, fragt die Psychologin Rya (Amanda Seyfried) den jungen Danny Sullivan. „Nein“, sagt der tonlos – und erregt unweigerlich unser Mitleid. Tom „Spider-Man“ Holland spielt einen Mann, der im New York der späten Siebzigerjahre unter Mordverdacht geraten ist. Schon der Trailer erweckt jedoch Zweifel – und dann wieder Zweifel am Zweifel. Was ist los mit Danny und was ist ihm (und einigen verschwundenen Menschen) Rätselhaftes zugestoßen? Warum wirken seine Unschuldsbeteuerungen so echt, warum passen seine Aussagen zugleich so schlecht zusammen?
Ein Puzzlespielthriller nach Daniel Keyes‘ Buch „The Minds of Billy Milligan“. Der Trailer lenkt die Erwartungshaltung des Publikums in Richtung von Robert Blochs respektive Alfred Hitchcocks „Psycho“ – die Serie erzählt dann über den Kriminalfall hinaus eine weit tiefgründigere Geschichte über Fremdbestimmung und Selbsterkenntnis.
Läuft bei uns
Was wir gesehen haben – und was wir davon halten
Die Streamingstory
Bitte klar und deutlich sprechen, Paul Bäumer! – Deutsche Produktionen haben nicht erst seit dem Netflix-Preiseabräumer „Im Westen nichts Neues“ ein Verständlichkeitsproblem
Im Westen nichts Verständliches: Felix Kammerer (rechts) als Paul Bäumer, Albrecht Schuch (links) als Stanislaus Katczinsky und Edin Hasanovic als Tjaden Stackfleet in einer Szene der Remarque-Verfilmung „Im Westen nichts Neues“. Der vielfach preisgekrönte Netflix-Film bietet auf Dialogebene weitgehend Gemurmel und Genuschel.
© Quelle: Reiner Bajo/Netflix/dpa
Das versteh mal einer! Wenn man Edward Bergers „Im Westen nichts Neues“ durchschaut und -hört, wünscht man sich den guten alten Stummfilm mit seinen Schrifttafeln zurück. Die Protagonisten in der Erich-Maria-Remarque-Verfilmung murmeln und nuscheln sich durch die 148 Minuten, als wärs ein Testfilm für Hörgeräteakustiker. Geht ja um den Horror des Krieges, könnte man das entschuldigen, und nicht darum, was die Elenden in den Schützengräben so daherreden. Aber RND-Streamingspezialist Matthias Schwarzer kommt in seinem Check zu dem Schluss, dass die Verwaschenheit der Artikulation auch sonst im deutschen Film und Fernsehen weit verbreitet ist.
Der Anbieter-Überblick
Das ist neu im [Monat] bei ...
... und was gibt‘s noch in der Streamingwelt?
Tourismusboom dank „Bridgerton“ & Co. – Zwölf Serien, die das Reiseverhalten von Globetrottern beeinflussen
Schottische Zeitreiseromantik gibt es es in „Outlander“. Die Sci-Fi-Historien-Saga zählt zu zwölf Serien, die Binger bei der Urlaubsplanung einbeziehen.
© Quelle: Vox/Sony Pictures
Tourismusboom dank Streaming? Die malerischen Landschaften in Serien wie „Outlander“, „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“, „Ozark“, „Outer Banks“ oder „Bridgerton“ wecken Reisefieber. Diese zwölf Serien fördern mit ihren Drehorten den Tourismus. Und die Urlaubszeit naht. Schon gebucht?
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