Ein Berlingo für Liebhaber: Dieser französische Van trägt ein Retrokleid aus Italien
Der Berlingo Fourgonnette (links) weckt mit seinem speziellen Styling Erinnerungen an Citroëns Lieferwagenlegende 2CV Fourgonette, auch als „Kastenente“ bekannt.
© Quelle: Citroen
Manchmal sind es Zufälle, die coole Autos entstehen lassen. Als eingefleischter Oldtimerfan und Sammler klassischer Citroën-Modelle hatte der italienische Karosseriebauer Fabrizio Caselani schon vor mehr als sieben Jahren die Idee, einem modernen Kastenwagen den Look eines historischen Vans zu verpassen. Und welches ikonische Modell würde sich dazu besser eignen als der berühmte Citroën Typ H, die „Wellblechkiste“ aus den 50er-Jahren? Fast kein alter französischer Film, in dem dieser markante Lieferwagen mit der freundlichen Visage nicht irgendeine Nebenrolle spielte.
Kurzum: Caselani legte Hand am Citroën Jumper an und verwandelte 2017 den Lieferwagen in einen Nostalgievan, ideal für Kunden, die den Jumper beispielsweise als originären Food-Truck auf Veranstaltungen nutzen möchten oder sich ganz einfach am klassischen Look erfreuen wollen.
Dass der italienische Autoenthusiast mit seiner Kreation auch bei den Verantwortlichen von Citroën auf Begeisterung stieß, ist wenig verwunderlich. Nach dem Jumper wurde auch der kleinere Jumpy umgerüstet, „retrofiziert“. Jetzt folgt der dritte Streich: der Hochdachkombi Berlingo, ein Bestseller im Segment, weit über eine Million Mal produziert und seit 1996 ununterbrochen im Programm von Citroën.
Unbezahlbar
Unser Newsletter begleitet Sie mit wertvollen Tipps und Hintergründen durch Energiekrise und Inflation – immer mittwochs.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Eine Hommage an die legendäre „Kastenente“
Als historisches Vorbild für den Berlingo wählte Caselani – wie sollte es anders sein – den ikonischen 2CV AU, die „Kastenente“, landläufig bekannt als „Fourgonnette“. Unvergesslich ist, wie schon beim Typ H, deren Wellblechlook. Er wird beim Umbau des Berlingo zum zentralen Element. Bis zur Windschutzscheibe gestalteten die Designer die Front neu, entfernten die äußeren Blechteile (Haube und Kotflügel) sowie Stoßfänger, Kühlergrill und Scheinwerfer. Ersetzt wurde alles durch Teile aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), laminiert in den Werkstätten von Caselani in Lombardai in Norditalien. Fehlen dürfen bei dem klassischen Berlingo, in Erinnerung an den 2CV Fourgonnette, natürlich die Rundscheinwerfer nicht. Das Designteam fand sie im Konzernregal von Stellantis, zu dem auch Citroën gehört. Die Scheinwerfer stammen vom Jeep Wrangler.
Unter der historisch wirkenden Wellblechoptik des Fourgonnette steckt der aktuelle Citroën Berlingo.
© Quelle: Citroen
Dünne Plastikpanels imitieren Wellblech
Im mittleren und hinteren Teil konnte der Berlingo seine Karosseriebleche behalten. Sie wurden lediglich mit dünnen Kunststoffpanels überklebt. Äußerlich sieht das Ganze dann nach der früher typischen Wellblechstruktur aus. Ursprünglich hatte diese wellenförmige Profilierung den Zweck, der gesamten Karosseriestruktur Stabilität zu verleihen. Jetzt hat sie keine Funktion, ist nicht mehr als eine zweite Haut.
Als weitere Hommage an den historischen 2CV AU gelten – allerdings nur bei der gewerblichen Cargovariante – die beiden kleinen, abgerundeten Fenster an den Hecktüren. Ebenso ein Klassiker: die als Rundleuchten montierten Rücklichter.
Kasten-Ente mit Kultstatus
Am Anfang war die „Ente“, der Citroën 2CV. Das unprätentiöse Modell (mit nur einem Scheinwerfer) feierte am 7. Oktober 1948 auf dem Pariser Autosalon seine Premiere – und wurde in Frankreich schnell zu einem Symbol der Freiheit und Lebensfreude. Im Frühjahr 1951 führte Citroën dann einen Lieferwagen auf Basis der „Ente“ ein. Bis dato gab es keinen Großserien-Kastenwagen mit Frontantrieb. Offiziell hieß die „Kastenente“ 2CV AU, beziehungsweise „Fourgonette“, wurde zum Liebling der Handwerker und der Gewerbebetriebe. Ebenso nutzten der öffentliche Dienst und die Post den 2CV AU. Seinen Weg machte die „Kastenente“ über mehr als drei Jahrzehnte. 1978 endete die Erfolgsgeschichte. Insgesamt wurden mehr als eine Millionen Einheiten des Kulttransporters verkauft. Die meisten fraß der Rost. Gute Exemplare sind heute rare Sammlerstücke.
Außen Nostalgie, innen Elektroantrieb
Die nostalgischen Karosseriemodifikationen zeigen es bereits, der Berlingo 2CV Fourgonnette ist lediglich ein Umbau und kein neues Auto. Somit bleibt unter dem Blech alles beim Alten. Einen besonderen Charme erfährt das Ganze, wenn ein elektrischer Antrieb drunter steckt. Tradition trifft Moderne. Der 100 kW starke E‑Motor harmoniert sehr gut mit dem Berlingo, die Leistung reicht für entspanntes Fortkommen vollkommen aus, Dynamik und Sportlichkeit sind bei einem Vintagevan eh der falsche Ansatz.
Das Team von Caselani entfernt das Außenblech des Vorderwagens (Haube, Kotflügel und Frontschürze) und ersetzt es durch eine Eigenkreation aus Glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK)
© Quelle: Citroen
Wie in vielen Konzernstromern bei Stellantis, steckt auch im Berlingo-Boden eine Batterie mit 50 kWh Kapazität. Bis zu 280 Kilometer Reichweite verspricht Citroën gemäß WLTP-Norm. Im Alltag dürften es knapp über 200 Kilometer sein. Geht es unterwegs an die Ladesäule, können maximal 100 kW DC‑Leistung in die Batteriezellen fließen. Nach einer halben Stunde ist der Akku somit zu 80 Prozent gefüllt.
Vielseitigkeit und Laderaum bleiben erhalten
Unberührt vom Umbau bleibt selbstverständlich auch der Innenraum des Berlingo. Familien wissen dessen Vielseitigkeit und Praktikabilität zu schätzen. Das hat seinen Grund. Zwei seitliche Schiebetüren bieten bequemen Zugang, der Kofferraum fasst üppige 775 Liter, und 28 Ablagefächer stehen für diversen Kleinkram zur Verfügung. Wird das hintere Abteil des Berlingo zum Laderaum umfunktioniert, entwickelt der französische Kleinlaster durchaus Umzugsqualitäten. Bis zu 3,3 Kubikmeter lassen sich verstauen. Auch schlafen könnte man in dem Auto.
Wie modern der Berlingo Fourgonnette ist, offenbart unter anderem der Blick ins Cockpit
© Quelle: Citroen
So sympathisch und nostalgisch der Berlingo 2CV Fourgonnette äußerlich wirkt, sein Fahrer oder seine Fahrerin muss auf keine Errungenschaften der Neuzeit verzichten. Mit bis zu 20 Fahrerassistenzsystemen lässt sich der französische Hochdachkombi ausstatten. Selbst ein Head‑up-Display, Spurhaltung, Rückfahrkamera und ein schlüsselloser Zugang sind möglich. Dass der coole Klassiklook nicht eben günstig ist, ahnt, wer eins und eins zusammenzählt. Der Berlingo als Stromer kostet (Ausstattung Shine) bereits 42.440 Euro. Verlässt er das Karosseriewerk von Caselani, stehen dann stolze 70.210 Euro auf der Rechnung. Günstiger fährt nur, wer seinen eigenen Berlingo nach Italien schickt, egal ob mit Verbrenner oder E‑Motor. Die komplette Wellness-, pardon Wellblechkur kostet dann 19.992 Euro.