Hilfe, mein Chef ist ein Narzisst!
In den Führungsetagen scheinen sie sich besonders wohlzufühlen – die Narzissten.
© Quelle: Ben Rosett/unsplash
Hannover. Narzissmus – die Persönlichkeitsstörung ist in aller Munde: Es scheint derzeit so, als lauern überall selbstverliebte Egomanen. In der wissenschaftlichen Psychologie werden Narzissten und Narzisstinnen als Personen beschrieben, die zu Dominanz sowie Selbstüberschätzung neigen und die Kritik von anderen nicht vertragen können. Gerade im Berufs- und Arbeitsleben ist man daher besonders häufig mit den narzisstischen Anteilen in der Persönlichkeit von Kollegen und Kolleginnen konfrontiert. Besonders unangenehm ist es, wenn es sich dabei um den Chef oder die Chefin handelt.
Dass Narzissten und Narzisstinnen häufig in den Chefetagen anzutreffen sind, wundert Psychotherapeutin Bärbel Wardetzki nicht. „In ihren Eigenschaften passen sie sehr gut zu unserem Wirtschaftssystem“, sagt die Expertin. „Narzissten und Narzisstinnen sind meist eloquent, charismatisch, ehrgeizig – sie bringen Dinge voran, haben neue Ideen und können andere begeistern.“ Sie haben jedoch auch eine andere Seite: „Oft zeigen sie sich unfähig, mit Kritik umzugehen, überfordern ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verhalten sich dabei egoistisch, arrogant und willkürlich.“
Wie man narzisstische Chefs erkennt
Doch wie erkennt man, dass man es bei den Vorgesetzten mit Narzisstinnen oder Narzissten zu tun hat? „Man spürt das häufig zuerst bei sich selbst“, sagt Wardetzki „Viele Menschen fühlen sich im Kontakt mit ihnen unsicher oder sogar minderwertig“, erklärt sie. „Denn narzisstisch veranlagte Menschen stellen ein Gefälle her, sie lassen das Gegenüber spüren, dass sie sich als kompetenter sehen.“ Man selbst neige dann schnell dazu, seine eigenen Kompetenzen zu vergessen und sich anzupassen.
„Das wirkt häufig einschüchternd“, sagt die Psychotherapeutin. „Vor allem, weil sich narzisstische Menschen gerne in den Vordergrund spielen. Ideen anderer geben sie oft als ihre eigenen aus oder reißen in Sitzungen das Gespräch völlig an sich.“ Zudem würden sie Kritik nur schlecht vertragen. „Widerspricht man ihnen oder fühlen sie sich nicht genug beachtet, können sie schnell aggressiv reagieren.“ Das mache es oft sehr schwer, mit Narzissten im Team zu arbeiten.
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Drei Tipps zum taktischen Verhalten
Damit man es mit narzisstischen Chefinnen und Chefs aushalten kann, empfiehlt Wardetzki, sich zu schützen und dabei taktisch zu verhalten:
1. Selbstbewusstsein stärken: „Wichtig ist vor allem, dass man sich seine eigenen Stärken bewusst macht.“ Auch die bisherigen beruflichen Erfolge und die gute Ausbildung könnten wichtige Bausteine für das Selbstbewusstsein sein. „Wer unsicher ist, tappt schnell in die Falle und macht sich von der Beurteilung anderer abhängig.“
2. Kritik verpacken: „Geht es um Kritik, lohnt es sich, strategisch vorzugehen. Man weist beispielsweise auf ein Problem hin, hat selbst einen Vorschlag und fragt das Gegenüber nach seiner Meinung“, rät Wardetzki. „Fühlen sich narzisstische Vorgesetzte angesprochen und ernst genommen, können sie eher auf Vorschläge eingehen.“ Von Vorwürfen rät die Fachfrau ab, da die eher aggressives Verhalten provozieren würden.
3. Klare Aufgaben: „Man sollte die Grenzen seiner Arbeitsbereiche klar abstecken. Denn wer Aufgaben zu schnell abgibt, gerät schnell in Abhängigkeit“, sagt Wardetzki. Freizügig könne man dagegen sein, wenn es um Bestätigung geht: „Wenn der narzisstische Vorgesetzte Bestätigung braucht, sollte man sie ihm geben“, empfiehlt sie. „An passender Stelle – denn verbiegen sollte man sich dabei nicht.“
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Beschweren oft zwecklos
Sich in der nächsthöheren Chefetage zu beschweren sei häufig zwecklos, meint der amerikanische Psychoanalytiker Michael Maccoby, der sich ebenfalls schon viele Jahren mit den Vor- und Nachteilen narzisstischer Chefs und Chefinnen beschäftigt hat. Denn oft sei die gesamte Unternehmenskultur von Narzissmus geprägt.
In diesen Fällen „hat man wenig Chance auf Unterstützung und es ist langfristig klüger, selber zu gehen“. Die Reißleine zu ziehen und sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen könne manchmal die beste Alternative sein.